Aktuelles
05. Mai 2015
Ingrid Ursula Stockmann &
Anni Margot Skorupa
Auf Nilpferde hört man nicht
Gedichteduell zwischen Tochter und Mutter
Zwei Hallenserinnen schreiben und dichten
über ihr Leben, das Leben allgemein
und ihr Halle.
Sie stammen aus zwei Generationen,
die eine aus der Kriegsgeneration,
die andere nicht.
Beide haben etwas Besonderes,
sie sind nämlich Mutter und Tochter.
Dr. Ingrid U. Stockmann lernte nicht zuletzt durch die Kriegstraumatisierungen beider Elternteile Einfühlung. Sie ergriff den passenden Beruf als ärztliche Psychotherapeutin. Als Buchautorin zog
die Ärztin nunmehr ihre Mutter mit heran, um einen gemeinsamen Lyrikband zu schreiben.
Die Lebensbewältigung von Anni Margot Skorupa mittels Lyrik, Prosa und Malerei ist beeindruckend. Sie war im Mai 1945 16 1/2 Jahre alt und Kriegswaise. Ihre Eltern wurden am Ende des Krieges, der Vater im Februar und die Mutter Ende April 1945, getötet bzw. ermordet. Sie wurden zuvor wegen ihres Widerstands gegen Hitler verfolgt und inhaftiert, was die 8-köpfige Familie ins Elend zog. Margot wurde dafür nie entschädigt und erhielt nicht einmal Waisengeld. Sie selbst war am Kriegsende in einen Flüchtlingsstrom geraten, hatte zusammen mit ihren beiden Schwestern 14 Tage lang kein Dach über dem Kopf und extrem gehungert. Außerdem erlitt sie unterwegs auf dem Weg von Rathenow nach Premnitz sexuelle Gewalt. Sie gab nie auf.
Anni Margot Skorupa hat ihre Leidenschaft zu dichten, schreiben und malen an zwei ihrer Töchter und an mehrere Enkelkinder weitergegeben. Der fast fertiggestellte gemeinsame Lyrikband enthält auch einen ausführlichen Einblick in die Familiengeschichte, um den Hintergrund der Gedichte über einen Zeitraum von ca. 80 Jahren zu verstehen. Das Buch wird den Titel "Auf Nilpferde hört man nicht" tragen. Es soll bewusst keinen traurigen Titel haben, denn das Traurige ließ sich mit Hilfe von Kreativität und Resilienz bewältigen.
Eine Kostprobe von zwei lustigen Gedichten hat am 04.02.2015 die MZ auszugsweise veröffentlicht. Anni Margot Skorupa und ihre Tochter witzelten nämlich über den
Eselsbrunnen von Halle. Auch diese kleinen Gedichte beziehen sich aufeinander, wie ganz viele Gedichte in ihrem Gedichtband. Man kann sie dann, wie auch etliche andere, in dem Lyrikband lesen. Der
Untertitel des Buches lautet auch nicht traurig: "Gedichteduell zwischen Tochter und Mutter".
Der Eselsbrunnen 2015
Ingrid Ursula Stockmann
Eslein reck dich, Eslein streck dich,
wirf dein Schwänzchen in die Höh'!
An deinem Schwanze will ich rasten,
und in dessen Haare fassen.
Und da sprach es unter Tränen,
aber Schatz, ich hab' doch keenen.
Darf ich dich um Mitleid bitten,
ein Dieb hat ihn mir abgeschnitten.
Und wieder ein ganz neuer,
das wird der Stadt zu teuer.
Der unsichtbare Schwanz
Anni Margot Skorupa
Wie ihr wohl seht,
der Esel,
der auf Rosen geht,
ist nicht mehr ganz,
denn er hat keinen Schwanz.
Der freche Dieb
hatte den Esel gar nicht lieb,
sonst hätte er
den Schwanz nicht gestohlen.
Der Teufel soll ihn holen.
Er wird mit seiner Beute prahlen.
Wer soll denn
den Schaden bezahlen?
Willst du den fehlenden
Schwanz sehen?
Dann musst du zum Dieb gehen!
Wer weiß, wo der Dieb wohnt,
der wird reichlich belohnt.
Spenden müssen her,
sonst wedelt der Esel
mit dem Schwanz nimmermehr.